Steuerrecht, Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht Juli 2023

Aktuelle Informationen aus dem Steuerrecht

Aktuelle Infos zum Steuerrecht

An dieser Stelle präsentieren wir Ihnen aktuelle Themen aus dem Steuerrecht, sowie angrenzend aus dem Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht.

Infobrief Juli 2023

Beitragsanpassung in der Pflegeversicherung

Ab dem 1.7.2023 gelten neue Beitragssätze in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Der allgemeine Beitragssatz wird erhöht. Der Pflegebeitrag liegt aktuell bei 3,05 % des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 %. Die Beitragserhöhung betrifft sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Der Arbeitgeberanteil steigt dabei von 1,525 % auf 1,7 %. Für kinderlose Versicherte ab dem 23. Lebensjahr wird der zusätzliche Beitragszuschlag von 0,35 % auf 0,60 % erhöht, wodurch sie ab dem 1.7.2023 einen erhöhten Beitragssatz von insgesamt 2,3 % von ihrem Bruttolohn zahlen müssen.

Eine weitere Änderung betrifft die Berücksichtigung der Kinderzahl beim Pflegebeitrag. Künftig sind gestaffelte Beiträge vorgesehen, sodass Eltern einen prozentualen Beitragssatz in Abhängigkeit von der Anzahl ihrer Kinder zahlen. Die neue Staffelung sieht folgendermaßen aus:

  • Mitglieder ohne Kinder: 4,00 % (AN-Anteil: 2,3 %)
  • Mitglieder mit 1 Kind: 3,40 % (lebenslang) (AN-Anteil: 1,7 %)
  • Mitglieder mit 2 Kindern: 3,15 % (AN-Anteil: 1,45 %)
  • Mitglieder mit 3 Kindern: 2,90 % (AN-Anteil: 1,2 %)
  • Mitglieder mit 4 Kindern: 2,65 % (AN-Anteil: 0,95 %)
  • Mitglieder mit 5 und mehr Kindern: 2,40 % (AN-Anteil: 0,7 %)

Diese Staffelung gilt jedoch nur, solange das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sobald alle Kinder ab dem zweiten Kind das 25. Lebensjahr vollendet haben, erhöht sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wieder auf 3,4 %.

Um von diesen Entlastungen profitieren zu können, müssen Arbeitgeber die Elterneigenschaft bzw. die Anzahl der Kinder gegenüber den beitragserhebenden Stellen nachweisen. Für vor dem 1.7.2023 geborene Kinder können Nachweise bis zum 31.12.2023 erbracht werden. Die neuen Beitragssätze gelten dann rückwirkend ab dem 1.7.2023. Eltern, deren Kinder ab dem 1.7.2023 geboren werden, haben eine Vorlagefrist von maximal drei Monaten ab der Geburt zu beachten.

Meldepflicht für Plattformenbetreiber

Seit dem 1.1.2023 ist das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) in Kraft, wonach Betreibende digitaler Plattformen verpflichtet sind, den Finanzbehörden Transaktionen zu melden, die dort abgewickelt werden. Betroffene Plattformen sind neben eBay, Amazon, Kleinanzeigen (ehemals eBay-Kleinanzeigen), Etsy, Booklooker und Mobile.de auch Plattformen wie Airbnb sowie Uber. Plattformen, auf denen kein direktes Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, wie Jobbörsen und Vermittlungsportale sind von der Meldepflicht ausgenommen.

Die Meldung hat elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu erfolgen. Es wird nicht zwischen privaten oder gewerblichen Anbietern unterschieden. Stichtag der Meldung für das Kalenderjahr 2023 ist der 31.1.2024. Sie ist jedoch erst oberhalb gewisser Grenzen erforderlich. Wenn jemand auf einer Plattform innerhalb eines Jahres mindestens 30 Verkäufe tätigt oder mehr als 2.000 € gutgeschrieben bekommt, werden u. A. folgende Daten gemeldet: Name und Anschrift, Geburtsdatum, Steuer-ID, USt-ID (falls vorhanden) sowie Bankverbindung, Gesamtbetrag und Zahl der Tätigkeiten je Quartal für den Meldezeitraum.

Es reicht aus, wenn eine der Grenzen überschritten wird, – nur wenn beide Grenzen gleichzeitig unterschritten werden, wird von einer Meldung abgesehen. Das BZSt übermittelt die gemeldeten Daten in einem zweiten Schritt an die Finanzämter der Verkaufenden. Es steht zu erwarten, dass Verkäufer künftig vermehrt Nachfragen von ihrem Finanzamt bekommen werden. Auch strafrechtliche Aspekte sind in diesem Zusammenhang denkbar.

Durch das Gesetz ändert sich im Übrigen nichts bei der einkommensteuerlichen Wertung der von den Plattformen gemeldeten Einnahmen, also z. B. der Eingruppierung als gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Neben der Einkommensteuer können auch Umsatz- und Gewerbesteuer anfallen.

Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen

Mit Urteil vom 15.11.2022 hat der Bundesfinanzhof (BFH) Stellung genommen zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen. Ein Thema, welches in den letzten Jahren bereits viel diskutiert wurde.

Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Zuschlag von 1 % des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten. Der BFH erkannte hinsichtlich der Höhe der Säumniszuschläge keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Hinsichtlich der Säumniszuschläge fehlt es bereits an einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte; eine Ungleichbehandlung zwischen zinszahlungspflichtigen Steuernachzahlern und säumniszuschlagszahlungspflichtigen Bürgern ist mangels vergleichbarer Sachverhalte nicht gegeben. Nur der Umstand, dass das strukturelle Niedrigzinsniveau bei den Säumniszuschlägen nicht berücksichtigt wird, reicht nicht für eine Vergleichbarkeit aus.

PV-Anlage: Reparatur des Hausdachs

Ob einem Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug zusteht, wenn dieser sein Hausdach reparieren lässt, auf dem sich eine PV-Anlage befindet, hat am 7.12.2022 der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Ein Steuerpflichtiger ließ sich 2009 eine PV-Anlage auf sein privates Hausdach bauen und ordnete die Tätigkeit rechtzeitig und vollständig seinem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen zu. Nach einigen Jahren wurde festgestellt, dass die Anlage unsachgemäß montiert wurde, sodass das Dach repariert werden musste. Zivilrechtliche Ansprüche gegen den Monteur waren bereits verjährt. Der Steuerpflichtige machte im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit seinen Vorsteueranspruch geltend. Der BFH sprach sich letztendlich dafür aus.

Wird aufgrund der unsachgemäßen Montage einer unternehmerisch genutzten Photovoltaik-Anlage das Dach eines eigenen Wohnzwecken dienenden Hauses beschädigt, steht dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Schadens notwendigen Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten der Vorsteuerabzug zu.

Die weitere, auch eigenen Wohnzwecken dienende, Nutzung des Hausdachs ist für den Vorsteuerabzug jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn dem Unternehmer über die Schadensbeseitigung hinaus in seinem Privatvermögen kein verbrauchsfähiger Vorteil verschafft wird. Maßgebend für den Vorsteuerabzug ist nicht nur die Verwendung der vom Steuerpflichtigen bezogenen Eingangsleistung, sondern auch der ausschließliche Entstehungsgrund des Eingangsumsatzes.

Vorsorgeaufwendungen bei steuerfreiem Arbeitslohn aus Drittland

Bezieht ein Steuerpflichtiger für eine Tätigkeit in einem Drittstaat steuerfreien Arbeitslohn, sind hiermit im Zusammenhang stehende Vorsorgeaufwendungen (im Streitfall Beiträge zur gesetzlichen Renten- sowie Arbeitslosenversicherung) zur Vermeidung einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung nicht als Sonderausgaben abziehbar. Das Verfassungsrecht verpflichtet den Gesetzgeber auch dann nicht, hiervon eine Ausnahme zu machen, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für die Aufwendungen gewährt wird.

Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.12.2022. Ein Steuerpflichtiger lebte in Deutschland, wo sich auch sein Arbeitgeber befand. Dieser versetzte ihn aber für eine gewisse Zeit beruflich nach China. Der Wohnsitz in Deutschland wurde beibehalten. Das Finanzamt besteuerte anschließend den inländischen Anteil der Tätigkeit und ließ den ausländischen Teil unter Progressionsvorbehalt steuerfrei. Auch die erklärten Sonderausgaben wurden nur in Höhe des inländischen Anteils berücksichtigt. Dagegen wehrte sich der Steuerpflichtige, er beantragte die komplette Berücksichtigung der Sonderausgaben.

Der BFH widersprach ihm. Das Abzugsverbot ist gerechtfertigt und verstößt nicht gegen das Verfassungsrecht. Der Abzug von Sonderausgaben ist ausgeschlossen, wenn diese in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Zudem arbeitet der Steuerpflichtige im Ausland in einem Drittstaat und nicht etwa in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat.

Bildung einer Pensionsrückstellung bei Zusage unter Vorbehalt

Der Bundesfinanzhof (BFH) erließ ein Urteil über die Bildung einer Pensionsrückstellung bei einer vorliegenden Pensionszusage unter Vorbehalt. In dem entschiedenen Fall betraf die Pensionsverpflichtung Ansprüche auf eine betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung.

Ein Arbeitgeber gewährte seinen Mitarbeitern eine betriebliche Altersvorsorge. Entsprechende Pensionsrückstellungen wurden gebildet und Einzelheiten wurden in einer Betriebsvereinbarung geregelt. In dieser befand sich ein Vorbehalt, dass der Arbeitgeber die Transformationstabelle, aus der sich die Höhe der Versorgungsleistungen ergeben, auch einseitig nach freiem Ermessen ändern oder einsetzen darf. Aufgrund dieses Vorbehalts wurden die Pensionsrückstellungen nicht vom Finanzamt anerkannt. Dem stimmte auch der BFH anschließend zu. In diesem Fall ist von einem steuerschädlichen Vorbehalt auszugehen. Das muss aber nicht immer so sein.

Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, demzufolge die Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt positiv - d. h. ausdrücklich - einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.

Anpassung der Betriebsausgabenpauschale

Die Finanzverwaltung hat aufgrund der gestiegenen Preise die Betriebsausgabenpauschale für bestimmte nebenberufliche Einkünfte erhöht und mittels Schreiben vom 6.4.2023 veröffentlicht. Die neuen Werte können erstmalig ab dem Veranlagungszeitraum 2023 angewendet werden.

Die Steuerpflichtigen, die entsprechende Einkünfte erzielen, sind jedoch nicht an die Verwendung der Pauschalen gebunden, sondern können alternativ auch ihre tatsächlichen Ausgaben geltend machen.

Ab 2023 gelten für hauptberufliche selbstständige schriftstellerische oder journalistische Tätigkeiten, bei wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Nebentätigkeit sowie bei nebenberuflicher Lehr- und Prüfungstätigkeit folgende Werte für die Betriebsausgabenpauschale:

  • bei hauptberuflich selbstständiger schriftstellerischer oder journalistischer Tätigkeit wird die Pauschale auf 30 % der Betriebseinnahmen aus dieser Tätigkeit, höchstens jedoch 3.600 € jährlich erhöht,
  • bei wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Nebentätigkeit (auch Vortrags- oder nebenberufliche Lehr- und Prüfungstätigkeit), wird die Pauschale auf 25 % der Betriebseinnahmen aus dieser Tätigkeit, höchstens jedoch 900 € jährlich erhöht. Dieser Höchstbetrag von 900 € kann für alle Nebentätigkeiten, die unter die Vereinfachungsregelung fallen, aber nur einmal gewährt werden.

Nullsteuersatz bei PV-Anlagen

Die Bundesregierung hat Stellung genommen zu der Frage, ob eine PV-Anlage dem neu eingeführten Nullsteuersatz unterliegt, wenn sie in 2022 in Betrieb genommen wurde, der Batteriespeicher aber erst in 2023 installiert wurde.

Bei den einzelnen Geräten einer PV-Anlage liegt eine sog. Sachgesamtheit vor. Diese Sachgesamtheit, welche das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten der Anlage umfasst, unterliegt dem neu eingeführten Nullsteuersatz.

Der Nullsteuersatz ist auf diese anzuwenden, wenn die Lieferung nach dem 31.12.2022 ausgeführt wurde. Wurde der Batteriespeicher getrennt nachträglich erworben und fand diese Lieferung in 2023 statt, gilt der Nullsteuersatz nur für den Speicher.

Keine Zahlungspflicht bei Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht

Das Widerrufsrecht soll den Verbraucher in der besonderen Situation eines Vertragsabschlusses außerhalb von Geschäftsräumen schützen. In diesem Kontext steht der Verbraucher nämlich möglicherweise psychisch stärker unter Druck oder ist einem Überraschungsmoment ausgesetzt. Daher ist die Information über das Widerrufsrecht für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung und erlaubt ihm, die Entscheidung, ob er den Vertrag abschließen soll oder nicht, in Kenntnis der Sachlage zu treffen.

Die Richter des Europäischen Gerichtshofs entschieden, dass ein Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistungen befreit ist, die in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags erbracht wurden, wenn der betreffende Unternehmer ihn nicht über sein Widerrufsrecht informiert hat und der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Erfüllung dieses Vertrags ausgeübt hat.

Flugreise – Annullierung einer Teilstrecke

In einem vom Bundesgerichtshof am 18.4.2023 entschiedenen Fall buchten Fluggäste über ein Reisebüro mehrere Flugtickets (Gesamtpreis 4.881 €). Sie verfügten über eine bestätigte einheitliche Buchung für Hinflüge von München über Madrid und Bogotá nach Quito sowie für Rückflüge von Quito über Bogotá nach München. Ein Luftfahrtunternehmen annullierte den Hinflug nach Madrid. Die Fluggäste verlangten die vollständige Erstattung der Kosten für die Hin- und Rückflüge. Die Fluggesellschaft leistete jedoch keine Zahlung.

Die BGH-Richter entschieden zugunsten der Fluggäste. „Der aufgrund einer Annullierung bestehende Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten nach der Fluggastrechtsverordnung umfasst sowohl die Kosten des Hinflugs als auch die Kosten des Rückflugs, wenn Hin- und Rückflug Gegenstand einer einheitlichen Buchung sind, über die ein einziger Flugschein ausgestellt worden ist“, so die Richter.

Sie führten weiter aus, dass sich der Erstattungsanspruch auf die Flugscheinkosten nach dem Preis richtet, zu dem der Flugschein erworben wurde, und zwar für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist.

Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers – Verstoß gegen Treuepflicht

Ein wichtiger Grund zur Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers nach dem GmbHG ist gegeben, wenn der weitere Verbleib des Geschäftsführers in seinem Amt der Gesellschaft und den Gesellschaftern bei Würdigung aller Umstände sowie unter Berücksichtigung der betroffenen Interessen nicht länger zugemutet werden kann.

Dabei kommt es weder beim Geschäftsführer zwingend darauf an, ob dieser pflichtwidrig oder gar schuldhaft gehandelt hat, noch muss die Gesellschaft notwendigerweise einen Schaden erlitten haben. Ausreichend ist vielmehr auch ein tiefgreifendes Zerwürfnis bzw. eine nachhaltige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Beteiligten.

Macht sich der Geschäftsführer einer GmbH in einem länger anhaltenden Gesellschafterstreit zum einseitigen Fürsprecher eines der an dem Streit beteiligten Gesellschafter, kann dies seine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen.

Corona – keine Zahlungspflicht für reservierte Hotelzimmer bei Untersagung von Hotelübernachtungen

Sind Hotelübernachtungen zu touristischen Zwecken aufgrund einer Virus-Pandemie behördlich verboten, entfällt die Zahlungspflicht für reservierte Hotelzimmer, weil die Unterbringung von Gästen rechtlich unmöglich wird.

Dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2019 hatte ein Busreiseveranstalter in einem Hotel mehrere Zimmer für März und September 2020 gebucht und zahlte dafür im Voraus ca. 8.400 €. Die zuständigen Behörden erließen wegen der Corona-Pandemie ein Verbot für touristische Hotelübernachtungen. Der Reiseveranstalter verlangte daraufhin seine Anzahlung zurück. Die Hotelbetreiberin weigerte sich jedoch.

Der Reiseveranstalter hat einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung, weil die vertragliche Leistungspflicht der Hotelbetreiberin – die Unterbringung von Touristen – wegen des behördlichen Verbots rechtlich unmöglich wurde.

Anmerkung: Die Revision beim Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Lohnfortzahlung – AU nach arbeitgeberseitiger Kündigung

Der Beweiswert einer AU-Bescheinigung kann grundsätzlich auch dadurch erschüttert werden, dass der Arbeitnehmer sich im Falle des Erhalts einer arbeitgeberseitigen Kündigung unmittelbar zeitlich nachfolgend – „postwendend“ – krankmeldet bzw. eine AU-Bescheinigung einreicht.

Das gilt insbesondere dann, wenn lückenlos der gesamte Zeitraum der Kündigungsfrist – auch durch mehrere AU-Bescheinigungen – abgedeckt wird.

Meldet sich zunächst der Arbeitnehmer krank und erhält erst dann eine arbeitgeberseitige Kündigung, fehlt es an dem für die Erschütterung des Beweiswertes der AU-Bescheinigung notwendigen Kausalzusammenhang.

Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, am unmittelbar darauffolgenden Tag gesundet und bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten beginnt, erschüttert in der Regel ohne Hinzutreten weiterer Umstände den Beweiswert von AU-Bescheinigungen nicht.

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, ist es Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall Beweise vorzulegen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen. Hierzu ist substantiierter Vortrag z. B. dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden.

Für eine evtl. rechtmäßige Einstellung der Lohnfortzahlung ist also auch die zeitliche Abfolge zu beachten.

Anmerkung: Die Revision beim Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.

Leiharbeit – geringere Entlohnung möglich

Von dem Grundsatz, dass Leiharbeitnehmer für die Dauer einer Überlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers haben („equal pay“), kann ein Tarifvertrag „nach unten“ mit der Folge abweichen, dass der Verleiher dem Leiharbeitnehmer nur die niedrigere tarifliche Vergütung zahlen muss.

Eine solche Schlechterstellung lässt eine europäische Richtlinie ausdrücklich zu, sofern dies unter „Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer“ erfolgt. Dazu müssen nach der Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs Ausgleichsvorteile eine Neutralisierung der Ungleichbehandlung ermöglichen. Ein möglicher Ausgleichsvorteil kann sowohl bei unbefristeten als auch befristeten Leiharbeitsverhältnissen die Fortzahlung des Entgelts auch in verleihfreien Zeiten sein. So sieht in Deutschland der für Leiharbeiter gültige Tarifvertrag als auch das Gesetz eine Lohnfortzahlung in verleihfreien Zeiten vor.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz stellt für den Bereich der Leiharbeit zwingend sicher, dass Verleiher das Wirtschafts- und Betriebsrisiko für verleihfreie Zeiten uneingeschränkt tragen müssen.

Kein Unfallschutz bei einem Firmenlauf

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat in seinem Urteil v. 21.3.2023 entschieden, dass eine Arbeitnehmerin nicht als Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wenn sie bei einem sog. Firmenlauf stürzt und sich dabei verletzt.

Dieser Sachverhalt lag den LSG-Richtern zur Entscheidung vor: Eine Arbeitnehmerin nahm im Mai 2019 als Inlineskaterin gemeinsam mit anderen Mitarbeitenden ihres Unternehmens an einem Firmenlauf teil. Bei dem Firmenlauf handelte es sich um eine von einem Berliner Sportverein organisierte Veranstaltung. Die Frau kam nach dem Start auf der Skaterstrecke auf nassem Untergrund ins Rutschen, stürzte und brach sich das rechte Handgelenk. Die Unfallkasse lehnte es ab, diesen Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen.

In ihrer Begründung führten die Richter aus, dass zum einen kein Betriebssport vorlag, der eine gewisse Regelmäßigkeit und das Ziel gesundheitlichen Ausgleichs voraussetzt. Der Firmenlauf finde nur einmal jährlich statt und habe, auch wenn es sich um keinen Hochleistungssport handele, den Charakter eines Wettstreits. Zum anderen habe es sich bei dem Firmenlauf auch nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Der Firmenlauf stand als Großveranstaltung mit anschließender Party vielen anderen Unternehmen und Einzelbewerbern offen und hatte daher eher den Charakter eines Volksfestes.

Marder im Dachstuhl bei Hausverkauf?

Beim Verkauf eines Hauses schließen die Parteien häufig eine Haftung des Verkäufers für Mängel aus. So steht es in den meisten Kaufverträgen. Schließlich hat der Käufer das Objekt meist auch ganz genau angesehen. Nicht ausschließen darf man allerdings nach dem Gesetz solche Mängel, die der Verkäufer arglistig verschwiegen hat. Ob ein solches arglistiges Verschweigen vorliegt, wird häufig gerichtlich geklärt.

So hatte das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Käuferin sechs Monate nach dem Kauf das Haus renovierte und dabei Schäden an der Wärmedämmung am Dach feststellte, die auf Marderbefall schließen ließen. Sie legte ein Gutachten vor, aus dem sich ergab, dass in der Vergangenheit mehrere Marder auf dem Dachboden gelebt hatten, was zu erheblicher Geräuschentwicklung und Kotansammlung sowie Schäden in der Dämmung geführt hatte. Sie verlangte von dem Verkäufer Schadensersatz. Der Verkäufer wies eine Haftung zurück, da ihm von einem Marderbefall nichts bekannt war.

Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied, dass hier eine Haftung des Verkäufers nicht bestand. Die Käuferin konnte nicht beweisen, dass der Verkäufer einen akuten Marderbefall arglistig verschwiegen hatte.

Erlöschen einer Erbengemeinschaft unumkehrbar

Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbengemeinschaft wieder aufleben oder neu begründet werden kann, wenn alle Erbteile auf einen Miterben übertragen wurden.

Die OLG-Richter entschieden, dass eine Miterbengemeinschaft bei Anteilserwerb durch einen Miterben beendet ist, sodass bei einer Übertragung aller Erbteile auf eine Person die Erbengemeinschaft erlischt. Es steht dann nicht mehr in der Macht der Erben, die Gesamthandsgemeinschaft vertraglich durch Rückübertragung der auseinandergesetzten Gegenstände wieder zu begründen, auch nicht durch Ausübung eines vereinbarten Rechts zum Rücktritt vom Auseinandersetzungsvertrag.

Auch bei Nichtigkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung kann eine durch wirksame Übertragung aller Erbanteile auf einen Miterben aufgelöste Erbengemeinschaft nicht im Wege einer Rückabwicklung wiederhergestellt werden. Die wirksam beendete Erbengemeinschaft kann nicht wiederaufleben oder neu begründet werden, auch nicht zum Zwecke der Rückabwicklung gescheiterter fehlgeschlagener Geschäfte oder Verpflichtungen.

Fälligkeitstermine Juli 2023

  • Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 10.7.2023
  • Sozialversicherungsbeiträge: 27.7.2023

Basiszins / Verzugszins

  • Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB)
    • Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
      Basiszinssatz + 5-%-Punkte
    • Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
      Basiszinssatz + 8-%-Punkte
    • Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
      Basiszinssatz + 9-%-Punkte
      zzgl. 40 € Pauschale
  • Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
    maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen
    • seit 01.01.2023 = 1,62 %
      01.07.2016 - 31.12.2022 = -0,88 %
      01.01.2016 - 30.06.2016 = -0,83 %
      01.07.2015 - 31.12.2015 = -0,83 %
      01.01.2015 - 30.06.2015 = -0,83 %
      01.07.2014 - 31.12.2014 = -0,73 %
      01.01.2014 - 30.06.2014 = -0,63 %
      01.07.2013 - 31.12.2013 = -0,38 %

Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter:
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html

Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!

Verbraucherpreisindex

Verbraucherpreisindex (2020 = 100):

2023

Mai
116,5
April
116,6
März
116,1
Februar
115,2
Januar
114,3

2022

Dezember
113,2
November
113,7
Oktober
113,5
September
112,7
August
110,7
Juli
110,3
Juni
109,8

Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet beim Statistischen Bundesamt:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

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